Verdacht des Diebstahls eines Brötchens rechtfertigt nicht die Kündigung eines langjährig beschäftigten Mitarbeiters
Kleiner Hunger - große Schwierigkeiten
Der Verzehr eines geklauten Brötchens rechtfertigt nicht in jedem Fall eine fristlose Kündigung. Das hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden.
Die bei der Beklagten seit 1978 beschäftigte Klägerin war als Abteilungshilfe im Bereich
Molkereiprodukte tätig. 1992 schlossen die Parteien eine Altersteilzeitvereinbarung mit
einer Arbeitsphase bis zum 15.04.2005 und einer anschließenden Freistellungsphase bis
zum 30.09.2007. Die Klägerin nahm von zwei Kolleginnen aus der Backstube der Beklagten
ein „organisiertes“ Brötchen an und verzehrte es. Die Klägerin gab an, von dieser
Beschaffungspraxis nichts gewusst zu haben, das Brötchen sei ihr förmlich von einer
Kollegin aufgedrängt worden.
Die Beklagte hat daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin am 23.08.2004 fristlos
und eine Woche später ordentlich gekündigt.
Das Arbeitsgericht Oberhausen gab der Klage gegen diese beiden Kündigungen statt,
worauf die Beklagte im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf die
Wirksamkeit der Kündigungen festgestellt haben wollte.
Mit Urteil vom 11.05.2005 gab das Landesarbeitsgericht Düsseldorf der Klägerin auch in
der zweiten Instanz Recht und erklärte die Kündigungen für rechtsunwirksam.
Das Landesarbeitsgericht stellte zwar eine gravierende Pflichtverletzung der Klägerin fest,
jedoch konnte der Klägerin keine strafrechtlich relevante Bereicherungsabsicht
nachgewiesen werden. Unter Berücksichtigung des bisherigen beanstandungsfreien
Verlaufes des Arbeitsverhältnisses konnte das Beendigungsinteresse der Beklagten nicht
bejaht werden, so dass die fristlose Kündigung rechtsunwirksam war. Das
Landesarbeitsgericht kam zu dem Schluss, dass das Vertrauensverhältnis trotz dieses
Vorfalls nicht zerrüttet war und hielt lediglich eine Abmahnung für arbeitsrechtlich
vertretbar.
Die ordentliche Kündigung war ebenfalls unverhältnismäßig und somit rechtsunwirksam,
zumal die Arbeitsphase der Klägerin nur 1 ½ Monate nach dem ordentlichen
Kündigungstermin beendet war.
- Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Landesarbeitsgericht Düsseldorf
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:11.05.2005
- Aktenzeichen:12 (11) Sa 115/05
Quelle:Pressemitteilung Nr. 02/05 des LAG Düsseldorf vom 14.06.2005