Urlaubsanspruch entsteht auch im langjährig ruhenden Arbeitsverhältnis
Urlaubsansprüche verfallen aber 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres
Auch wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat und eine tarifliche Regelung bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruht, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch steht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern ist § 7 Abs. 3 Satz 3
BUrlG, wonach im Fall der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des
folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden muss, unionsrechtskonform
so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres
verfällt. Der EuGH hat in der KHS-Entscheidung vom 22. November 2011 seine
Rechtsprechung bezüglich des zeitlich unbegrenzten Ansammelns von Urlaubsansprüchen
arbeitsunfähiger Arbeitnehmer geändert und den Verfall des Urlaubs 15
Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres nicht beanstandet.
Klägerin begehrt Abgeltung von 149 Urlaubstagen
Die als schwerbehindert anerkannte Klägerin war vom 1. Juli 2001 bis zum 31. März
2009 in der Rehabilitationsklinik der Beklagten gegen eine monatliche Bruttovergütung
in Höhe von zuletzt 2.737,64 Euro als Angestellte beschäftigt. Im Jahr 2004 erkrankte
sie, bezog ab dem 20. Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung
und nahm bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihre Tätigkeit
für die Beklagte nicht mehr auf. Nach dem TVöD, der auf das Arbeitsverhältnis
Anwendung fand, ruht das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf
Zeit und vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen
tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel.
Die Klägerin hatte die Abgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005 bis
2009 mit 18.841,05 Euro brutto beansprucht. Die Vorinstanzen haben der Klage bezüglich
der Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und des Zusatzurlaubs für
schwerbehinderte Menschen stattgegeben, die Beklagte zur Zahlung von 13.403,70
Euro brutto verurteilt und die Klage hinsichtlich der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs
abgewiesen.
Urlaubsansprüche für 2005 bis 2007 bereits verfallen
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts
größtenteils Erfolg. Die Klägerin hat gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG nur Anspruch auf Abgeltung
des gesetzlichen Erholungsurlaubs und Zusatzurlaubs aus den Jahren 2008
und 2009 mit 3.919,95 Euro brutto. In den Jahren 2005 bis 2007 sind die nicht abdingbaren
gesetzlichen Urlaubsansprüche trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses
zwar entstanden. Ihrer Abgeltung steht jedoch entgegen, dass sie vor der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG mit Ablauf des 31. März
des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen sind.
- Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
- EuGH zum Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit ( Gerichtshof der Europäischen Union Urteil [Aktenzeichen: C-78/11] )
- EuGH: Ein Arbeitnehmer verliert nicht seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den er wegen Krankheit nicht ausüben konnte ( Gerichtshof der Europäischen Union Urteil [Aktenzeichen: C-350/06, C-520/06] )
- Arbeitgeber muss bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern nicht auf drohenden Verfall von Urlaubstagen hinweisen ( Arbeitsgericht Köln Urteil [Aktenzeichen: 8 Ca 2545/21] )
- Vorinstanz:
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil [Aktenzeichen: 11 Sa 64/09]
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Bundesarbeitsgericht
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:07.08.2012
- Aktenzeichen:9 AZR 353/10
Quelle:Bundesarbeitsgericht/ ra-online