OLG Köln: „Cross Ticketing“ bzw. „Cross Border Selling“ bleiben unzulässig
Lufthansa darf Unterlaufen ihres Tarifsystems durch Beförderungsbedingungen unterbinden
Die Deutsche Lufthansa AG darf ihren Kunden weiterhin durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vorschreiben, bei ihr gebuchte Flüge hinsichtlich der gesamten Beförderungsstrecke ausschließlich in der im Flugschein vorgesehenen Reihenfolge in Anspruch zu nehmen. Dies entschied das Oberlandesgericht Köln. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen scheiterte somit vor dem Oberlandesgericht Köln im Wesentlichen mit seiner Klage, mit der er der Deutschen Lufthansa AG die Verwendung der entsprechenden Klauseln in deren Beförderungsbedingungen verbieten lassen wollte.
Cross-Ticketing - das heißt Verkauf von Flugscheinen mit sich überkreuzenden Daten, durch
den der Kunde Mindestaufenthaltsfristen umgeht und mit dem Verfall je eines Rück- und
Hinfluges im Einzelfall erhebliche Kosten spart. D. h. statt eines Normalfluges werden zwei
günstige "Return-Tickets" gekauft, wobei der Flugkunde von vornherein plant, von dem einen
Flug nur den Hinflug und von dem anderen nur den Rückflug in Anspruch zu nehmen. Beim
Cross Border Selling geht es darum, dass der Kunde beispielsweise einen Flug von Kairo
nach Sao Paulo via Frankfurt a. M. bucht, aber nur den Flug ab Frankfurt nutzen möchte,
weil das Ticket ab Kairo billiger verkauft wird als der Flug ab Frankfurt. Diese Praxis wollte
die Lufthansa durch Ticketverfall unterbinden, so dass die einzelnen Coupons für Teilflüge
ihre Gültigkeit verlieren, wenn sie nicht komplett in der gebuchten Reihenfolge angetreten
werden. Der Bundesverband Verbraucherzentralen sah in den entsprechenden Klauseln
eine unangemessene Benachteiligung der Kunden. Die Fluggesellschaft argumentierte
demgegenüber, die Klauseln seien zur Stützung ihres Tarifsystems notwendig, damit dies
von den Kunden nicht unterlaufen werde.
Kein unangemessene Benachteiligung durch Tarifsystem und "Kleingedrucktes"
Anders als die Vorinstanz hält das Oberlandesgericht Köln es nicht für eine
unangemessene Benachteiligung der Flugkunden, wenn diese daran gehindert werden, nur
Teile einer gebuchten Flugreise in Anspruch zu nehmen. Die Lufthansa biete Flugreisen zu
Preisen an, deren Höhe sich nicht allein an der Länge der Flugstrecke, sondern auch an
anderen Kriterien, wie dem Datum der Reise und den Marktverhältnissen am Abflugort
orientiere. Das Tarifsystem biete findigen Fluggästen indes Möglichkeiten, es mit Cross
Ticketing oder Cross Border Selling zu umgehen und die Fluggesellschaft so
„auszutricksen“. Die Gesellschaft offeriere ihre Flüge zu einem bestimmten von ihr
festgelegten Preis. Sie bringe damit zum Ausdruck, zu welchen Konditionen sie bereit ist,
den Fluggast an dem von diesem bestimmten Tag in der von ihm gewählten Klasse an den
ausgesuchten Zielflughafen zu befördern, und mache deutlich, dass sie nicht willens ist, den
Fluggast zu für diesen günstigeren Konditionen, also insbesondere zu einem niedrigeren
Flugpreis, auf der gleichen Strecke reisen zu lassen. Daher stelle es eine berechtigte
Wahrnehmung ihrer Interessen dar, wenn die Gesellschaft versuche, das Unterlaufen ihrer
Tarifstruktur zu verhindern. Der Kunde, der von Anfang an das Ticket nur teilweise nutzen
wolle, verdiene auch keinen Schutz. Das Tarifsystem der Lufthansa und seine Absicherung
durch „das Kleingedruckte“ stelle sich daher nicht als unangemessene Benachteiligung der
Kunden dar.
- Nachinstanz:
- Entgegengesetzte Entscheidung:
- Klausel gegen "Cross-Border-Selling" und "Überkreuzbuchen" im Flugverkehr unzulässig ( Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil [Aktenzeichen: 16 U 76/08] )
- Beschränkungen bei der Nutzung von Flugscheinen sind unzulässig - Urteil zum "Cross-Ticketing" ( Landgericht Frankfurt am Main Urteil [Aktenzeichen: 2-02 O 243/07] )
- Rückflug kann auch genutzt werden, wenn der Hinflug nicht in Anspruch genommen wird ( Amtsgericht Erding Urteil [Aktenzeichen: 4 C 129/07] )
- Fluggesellschaft darf Rückflug nicht einfach stornieren ( Amtsgericht Frankfurt am Main Urteil [Aktenzeichen: 31 C 2972/05] )
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Oberlandesgericht Köln
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:31.07.2009
- Aktenzeichen:6 U 224/08
Quelle:ra-online, OLG Köln