Kündigung bestätigt: Diebstahl geringer Einzelbeträge kann nicht als Bagatelle abgetan werden
Auch privater Ausnahmezustand rechtfertigt berechnend begangenen Diebstahl nicht
Dies entschied das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern. Die Richter bestätigten die Kündigung einer 43-jährigen alleinerziehenden Mutter zweier Kinder. Diese war als Hausarbeiterin in einer Berufsschule gekündigt worden, nachdem sie dabei beobachtet worden war, wie sie sechs Ein-Euro-Münzen aus der Tierspendenkasse in der Schulcafeteria entnommen hatte. Sie gestand, bereits zweimal etwas aus der Spendenkasse entnommen zu haben, aber nicht mehr als sechs bis sieben Euro insgesamt.
Die Klägerin hatte sich jeweils nach Betriebsschluss mit ihrem Generalschlüssel Zugang zu der Cafeteria verschafft. Vor Gericht begründete sie ihre Klage gegen die Kündigung damit, dass sie aus einer Notsituation heraus gehandelt habe, weil sie kein Geld mehr gehabt habe, um Brot zu kaufen.Die Richter gaben jedoch ihrem Arbeitgeber - der die Schule betreibenden Stadt - Recht.
Klägerin handelte berechnend
Sie führten aus, dass das Verhalten der Klägerin nicht als Bagatelle abgetan werden könne. Denn die Umstände ihres Falls zeigten ein berechnendes Element in ihrem Handeln. Dies ergebe sich schon aus der Anzahl der nachweisbaren Verstöße. Da sie keinen dienstlichen Anlass zum Aufenthalt in der Kantine gehabt habe, habe sie den ihr anvertrauten Generalschlüssel dazu verwendet, sich vertragswidrig Zugang zu den Räumen zu verschaffen, um dort Bargeld oder andere Vermögensgegenstände zu suchen.
Angestellte des öffentlichen Dienstes müssen über Grundmaß an Anständigkeit und Rechtstreue verfügen
Die Tat habe auch in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gestanden - auch wenn der Arbeitgeber durch die Tat nicht geschädigt worden sei. Denn die anderen Mitarbeiter müssten sich darauf verlassen können, dass von der Klägerin keine Gefahren für die eigenen eingebrachten Vermögensgegenstände ausgehen. Auch entlaste es sie nicht, dass das Geld, welches sie entwendete, in der Tierspendenkasse offen gelagert worden war. Denn von ihr als Angehöriger des öffentlichen Dienstes könne und müsse erwartet werden, dass sie fremdes Vermögen respektiere, auch wenn es unvorsichtig zum freien und unbeobachteten Zugriff im Haus vorgefunden werde. Wenn dieses Grundmaß an Anständigkeit und Rechtstreue nicht gegeben sei, könne ihr auch kein Schlüssel mehr ausgehändigt werden.
Wirtschaftliche Not nur vorgeschoben - Klägerin hatte vergleichsweise gutes Einkommen
Die Richter bezeichneten die behauptete wirtschaftliche Not als vorgeschobenes Argument. Mit einem Bruttolohn von 2.056,15 Euro habe die behinderte Klägerin als Angehörige des öffentlichen Dienstes für ihre Tätigkeit ein anständiges Entgelt erhalten, das im Vergleich zu den Einkommensmöglichkeiten für ähnliche Tätigkeiten in der Privatwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern als "geradezu luxuriös" bezeichnet werden müsse. Auch habe sie nicht dargelegt, worin ihre vorgetragene Notlage konkret bestanden haben soll. Das berechnende Element in ihrem Handeln zeige schließlich, dass dieses Handeln nicht durch ihre privaten Probleme bedingt gewesen sei. Ein privater Ausnahmezustand könne eine Augenblickstat erklären, nicht aber ein berechnendes und zielgerichtetes Suchen nach Vermögensgegenständen in Räumen, in denen die Klägerin nichts zu suchen hatte.
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- Gleichlautende Entscheidung:
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:02.06.2009
- Aktenzeichen:5 Sa 237/08
Quelle:ra-online (we)