Klausel gegen „Cross-Border-Selling“ und „Überkreuzbuchen“ im Flugverkehr unzulässig
Teile von Flugscheinen dürfen nicht ungültig werden
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main im Wesentlichen bestätigt, in dem einer britischen Fluggesellschaft geboten wird, es zu unterlassen, die folgende Klausel in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden: "Wenn Sie nicht alle Flight Coupons in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge nutzen, wird der Flugschein von uns nicht eingelöst und verliert seine Gültigkeit."
Die beklagte Fluggesellschaft bietet Zubringerflüge zum Flughafen London-Heathrow an, von
dem aus sie Langstreckenflüge durchführt. Um letztere besser auslasten zu können, transportiert
sie interessierte Passagiere von anderen Flughäfen mit Zubringerflügen nach London. Hierbei
verwendet sie teilweise Tarife, in denen derartige Umsteigeverbindungen zu niedrigeren Preisen
angeboten werden als der Direktflug von London aus. Mit der beanstandeten Klausel will die
Fluggesellschaft verhindern, dass nur am Direktflug interessierte "Schnäppchenjäger" den
billigeren Tarif wählen, indem sie einen Zubringerflug mitbuchen, diesen aber nicht in Anspruch
nehmen (sog. Cross-Border-Selling).
Darüber hinaus bietet die Fluggesellschaft für Touristen Hin- und Rückflüge mit längerer Mindestaufenthaltszeit
wesentlich günstiger an als bei von Geschäftsleuten nachgefragten Beförderungen,
bei denen der Rückflug sofort angetreten werden kann. Mit der beanstandeten Klausel
soll insoweit verhindert werden, dass ein Passagier den teureren Tarif umgeht, indem er zwei
Flugscheine jeweils mit Mindestaufenthaltszeit erwirbt und aus jedem ein Segment "abfliegt"
(sog. Überkreuzbuchen).
Gegen die Klausel hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände
geklagt. Seiner Meinung nach benachteiligt die Klausel die Passagiere unangemessen.
Wie schon das Landgericht gab ihm nun auch das Oberlandesgericht insoweit Recht. Nach Auffassung
des zuständigen 16. Zivilsenats ist die Klausel unwirksam, weil sie mit wesentlichen
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren sei, indem sie das Verhältnis
von Leistung und Gegenleistung störe. Der Verbraucher zahle eine bestimmte Vergütung, damit
er zu einem bestimmten Zielort transportiert werde. Diese Leistung werde nicht unmöglich,
wenn der Passagier bestimmte Teilstrecken nicht abfliege. Bei dieser Sachlage aber müsse ihn
die Fluggesellschaft - wie vertraglich vereinbart - über die restliche Strecke an den Zielort befördern.
Die Klausel verstoße gegen diese gesetzliche Wertung, weil sie das Ziel habe, den Reisenden
unter Fortbestand des Vergütungsanspruchs seines Weitertransportanspruchs zu berauben.
Sie wolle erreichen, dass der Fluggast ein neues Flugticket erwerben muss, obwohl er den vollen
Flugpreis für die Gesamtstrecke bereits gezahlt habe, während andererseits die Fluggesellschaft
in der Lage sei, den freigewordenen Sitzplatz an einen anderen Interessenten zu "verkaufen".
Hierdurch werde der Verbraucher unangemessen benachteiligt.
Die Kompetenz der deutschen Gerichtsbarkeit, das Verbot der Klausel auszusprechen, erstrecke
sich allerdings auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Soweit das Landgericht
noch ein uneingeschränktes (weltweites) Verbot ausgesprochen hatte, war dies nach Ansicht des
Oberlandesgerichts entsprechend abzuändern.
- Vorinstanz:
- Nachinstanz:
- Entgegengesetzte Entscheidung:
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Oberlandesgericht Frankfurt am Main
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:18.12.2008
- Aktenzeichen:16 U 76/08
Quelle:ra-online, OLG Frankfurt