BAG: Sachgrundlose Befristung bei „Zuvor-Beschäftigung“ zulässig
Mehr als drei Jahre zurückliegendes befristetes Arbeitsverhältnis steht erneut befristeter Einstellung nicht entgegen
Der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, steht eine frühere Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht entgegen, wenn diese mehr als drei Jahre zurückliegt. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls war beim beklagten Freistaat aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2008 als Lehrerin beschäftigt. Während ihres Studiums hatte sie vom 1. November 1999 bis 31. Januar 2000 insgesamt 50 Stunden
als studentische Hilfskraft für den Freistaat gearbeitet. Mit ihrer Klage hat sie sich
gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt.
Mehr als sechs Jahre zurückliegende frühere Beschäftigung steht sachgrundloser Befristung nicht entgegen
Die Klage hatte vor dem Bundesarbeitsgericht jedoch - ebenso wie schon in den Vorinstanzen -
keinen Erfolg. Die mehr als sechs Jahre zurückliegende frühere Beschäftigung der
Klägerin stand der sachgrundlosen Befristung ihres Arbeitsvertrags nicht entgegen.
Verbot der „Zuvor-Beschäftigung“ soll Befristungsketten und Missbrauch befristeter Arbeitsverträge verhindern
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen
eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Das gilt nach
§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein
befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine „Zuvor-
Beschäftigung“ im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis
mehr als drei Jahre zurückliegt. Das ergibt die an ihrem Sinn und Zweck orientierte, verfassungskonforme Auslegung der gesetzlichen Regelung. Diese soll zum einen Arbeitgebern ermöglichen, auf schwankende Auftragslagen und wechselnde Marktbedingungen durch befristete Einstellungen zu reagieren, und für Arbeitnehmer eine Brücke zur Dauerbeschäftigung schaffen. Zum andern sollen durch das Verbot der „Zuvor-Beschäftigung“ Befristungsketten und der Missbrauch befristeter Arbeitsverträge verhindert werden. Das Verbot kann allerdings auch zu einem Einstellungshindernis werden. Seine Anwendung ist daher nur insoweit gerechtfertigt,
als dies zur Verhinderung von Befristungsketten erforderlich ist. Das ist bei lange Zeit
zurückliegenden früheren Beschäftigungen typischerweise nicht mehr der Fall. Hier
rechtfertigt der Gesetzeszweck die Beschränkung der Vertragsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien und die damit verbundene Einschränkung der Berufswahlfreiheit des
Arbeitnehmers nicht. Die Gefahr missbräuchlicher Befristungsketten besteht regelmäßig
nicht mehr, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und
dem sachgrundlos befristeten neuen Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre liegen. Dieser
Zeitraum entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung, die in der regelmäßigen
zivilrechtlichen Verjährungsfrist zum Ausdruck kommt.
- Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema:
- BAG zur Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG ( Bundesarbeitsgericht Urteil [Aktenzeichen: 7 AZR 786/06] )
- Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 TzBfG ( Bundesarbeitsgericht Urteil [Aktenzeichen: 7 AZR 12/06] )
- Sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse mit älteren Arbeitnehmern sind unwirksam ( Bundesarbeitsgericht Urteil [Aktenzeichen: 7 AZR 500/04] )
- Vorinstanz:
- Sächsisches Landesarbeitsgericht Urteil [Aktenzeichen: 7 Sa 13/09]
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Bundesarbeitsgericht
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:07.04.2011
- Aktenzeichen:7 AZR 716/09
Quelle:Bundesarbeitsgericht/ra-online